Anfang 2017 hat sich eine Grün-Politikerin 40 Tage Plastikfasten vorgenommen und das Vorhaben auch umgesetzt. Sie wollte mit dem Verzicht auf Kunststoffprodukte offenbar der Umwelt Gutes tun. Ganz zog sie es ja nicht durch, denn einen sonnigen Skitag hat sie laut ihrer Facebookseite natürlich auf Plastikbretteln verbracht, wohlig warmgehalten durch Kunstfasern und Kopf und Augen geschützt von Plastikhelm und Plastiksonnenbrille. Und sie gibt auf dieser Seite auch zu, dass Kunststoffe im Automobilbau durchaus sinnvoll sind und Treibstoff sparen helfen.
Ihr Ziel war anscheinend hauptsächlich Kunststoffe in der Verpackung zu vermeiden. Hilft sie damit der Umwelt?
Die österreichische Umweltconsultingfirma „denkstatt“ hat sich in verschiedenen Arbeiten mit den Auswirkungen von Verpackungen auf die Ökologie befasst. Die Resultate dieser Untersuchungen sind für den Laien oft überraschend.
Wozu Salatgurken in Kunststoff verpacken? Diese können doch ohnehin gewaschen oder sogar geschält werden.
Nun, es gibt auch Konsumenten, die im Winter Gurken essen möchten. Die Gurken müssen dann aus dem Ausland importiert werden und befinden sich lange auf dem Transportweg. In Folie verschweißt verliert das Gemüse mit hohem Wasseranteil weniger Wasser und bleibt lange haltbar. Eine eingeschweißte Gurke kann im Kühlschrank tatsächlich bis zu einigen Wochen genießbar bleiben, nicht eingeschweißte dagegen verschrumpeln nach nur wenigen Tagen. Mit einer Polyethylen-Folie kann der Abfall schlecht gewordener Gurken um die Hälfte reduziert werden und ist damit trotz des ökologischen Mülls einsetzbar.
Ein anderes Beispiel: Ein Hartkäse, der in einer Plastikschale mit Deckelfolie verpackt im Selbstbedienungsregal liegt, scheint auf den ersten Blick mehr Abfall entstehen zu lassen als unverpackte Frischware in der Vitrine.
Beim verpackten Käse verderben aber nur 0,14 % im Handel, während es in der Feinkostvitrine 5 % sind. Die Verpackung verursacht einen Mehraufwand von 28 Gramm CO2-Equivalenten, die Vermeidung des Lebensmittelabfalls dagegen 69 Gramm.
Ein Hefezopf, der in einer Kunststofffolie statt in einem Papierbeutel mit Sichtfenster verpackt ist, spart nicht nur 12 Gramm CO2e an Verpackung, sondern auch 136 Gramm CO2e an Lebensmittelabfällen, weil die Abfallquote im Handel von 11 % auf 0,8 % sinkt. Ähnliches gilt auch für Fleisch, das in einer Vakuum-Skin-Tiefzieh-Verpackung verschweißt ist. Seine Haltbarkeit wird dadurch von 6 auf 16 Tage gesteigert und die Abfallmenge um 16 Prozentpunkte gesenkt.
Oft wird die Bedeutung von Verpackungen für die Umwelt überschätzt: Nur 1,7 % des gesamten Klimafußabdrucks der europäischen Konsumenten resultiert aus dem gesamten Verpackungsverbrauch (alle Materialien) in Haushalt und Gewerbe. Kunststoffverpackungen sind dabei für 0,6 % des durchschnittlichen Klimafußabdruckes verantwortlich. Nutzeffekte, die mindestens 5 Mal höher sind als die Emissionen aus der Produktion, sind dabei aber nicht berücksichtigt.
Schwerer wiegt da schon der Lebensmittelabfall: Weltweit werden für verschwendete Lebensmittel ca. ein Viertel der gesamten für die Landwirtschaft verwendeten Wassermenge verbraucht und schätzungsweise 8 % der weltweiten Treibhausgasemissionen ausgestoßen. Während 800 Mio. Menschen weltweit nicht genug zu essen haben, geht ein Drittel aller produzierten Lebensmittel verloren.
Umweltbewusste Kunden greifen oft zu unverpackter Ware und haben das Gefühl Ressourcen zu schonen. Jedoch hinterlassen viele verpackte Waren einen kleineren ökologischen Fußabdruck als die unverpackten Produkte, die dementsprechend schneller verderben. Geeignete Verpackungen tragen dazu bei, Lebensmittelverderb hintanzuhalten.
Auch eine Substitution von Kunststoffverpackungen durch Verpackungen aus anderen Materialien hätte durchaus unerwünschte Folgen: denkstatt hat sich auch mit den Auswirkungen von Kunststoffverpackungen auf Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen in Europa auseinandergesetzt. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen: Werden Kunststoffverpackungen durch andere Materialien ersetzt, wäre die Masse der entsprechenden Verpackungen im Schnitt um einen Faktor 3,6 höher. Der Energieverbrauch würde um den Faktor 2,2 ansteigen und die Treibhausgase um einen Faktor 2,7 zulegen.
Fazit: Man darf (Kunststoff-)Verpackungen nicht bloß nach ihrer allerletzten Lebensphase, in der sie vielleicht unnötig erscheinen, beurteilen. Bei gesamtheitlicher Betrachtung ergeben sich oft erhebliche Nutzeffekte, die die Belastung in einem einzelnen Aspekt (als Abfall) bei weitem überwiegen. Die Frage, ob Plastik-Fasten gut für die Umwelt ist, wird man dann wohl verneinen müssen.