Was als Ersatz für Elfenbein begann – einer der ersten Kunststoffe (Zelluloid) wurde für die Erzeugung von Billardkugeln verwendet – findet sich heute überall in unserem täglichen Leben. Ein Werkstoff der vor nicht einmal eineinhalb Jahrhunderten das Licht der Welt erblickte, hat heute seinen Platz neben Materialien gefunden, die uns schon seit Jahrtausenden bekannt sind.  

Die ersten Betriebe, die sich in Österreich um die Jahrhundertwende mit Kunststoff beschäftigten, waren Verarbeitungsbetriebe von aus Naturprodukten entstandenen Kunststoffen. 

Diese (Zelluloid, Kunsthorn, Galalith) wurden aus Deutschland importiert und händisch zu Knöpfen, Kämmen, Schmuck und ähnlichem verarbeitet. Sie dienten als Imitationen von Bernstein, Elfenbein und Perlmutt, da das Material billiger war und besser verarbeitet werden konnte.  

1911 wurde in Blumau/NÖ die "Österreichische AG für Zelluloid Fabrikation" gegründet. Sie erzeugte Zelluloid in Form von Platten, Stäben und Rohren in allen Farben und Stärken. Schon 1914 wurde die Fabrik wegen Mangel an Nitrozellulose wieder stillgelegt. 

1920 setzte der Staat die Österreichische AG für Zellulosefabrikation als "Österreichische Zelluloidwerke" wieder in Betrieb. 

1920 wurde im Brunn/Gebirge die Akalit Kunststoffwerke AG gegründet, welche mit ca. 100 Arbeitern Vormaterialien für die Herstellung von Knöpfen, Kämmen und Modeartikel erzeugte. Die "Österreichische Granitol" – Kunstleder und Wachstuch Fabrik GmbH – wurde noch vor dem Krieg gegründet und 1922 in Österreichische Linoleum-, Wachstuch- und Kunstlederfabriken AG umgewandelt. Am Standort Traiskirchen wurden 1929 ca. 1.500 Arbeiter beschäftigt. 

Anfang der 30er Jahre entstanden die ersten Kunstharz-Press-Betriebe. Kunststoffe fanden somit eine technische Verwendung und eine industrielle Verarbeitung. Sie wurden nicht mehr als Ersatzstoffe eingesetzt, sondern die Werkstoffwahl wurde bewusst getroffen. Mitte der dreißiger Jahre verfügte Österreich über 32 Pressereibetriebe mit mehr als 2.000 Beschäftigten. 

Kurz nach den Pressen nahmen auch die Spritzgussmaschinen den Betrieb auf. 

Der große Aufschwung der Kunststoffwirtschaft begann aber erst nach dem 2. Weltkrieg in den 50er und 60er Jahren. In dieser Zeit verzeichnete die Branche jährlich zweistellige Zuwachsraten. 

1950 betrug der Pro-Kopf-Verbrauch an verarbeiteten Kunststoffen 0,3 kg, was im Vergleich zu Deutschland (2 kg) und den USA und England (5 kg) gering war. 1955 betrug er (inklusive Harze für Lacke, Leime etc.) schon 2,4 kg, 1960 8,7 kg, 1970 37,6 kg, 1980 98,8 kg und heute ca. 150 kg.